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Barrierefrei bauen – ein Besuch im Lebensphasenhaus der Universität Tübingen

Barrierefrei bauen – ein Besuch im Lebensphasenhaus der Universität Tübingen

Als Architekt arbeite ich mit den Vorschriften und Empfehlungen zum barrierefreien Bauen und lasse dieses Wissen in die Beratung meiner Bauherren einfließen. Um das Wohnen in einer barrierefreien Immobilie hautnah zu erleben und dadurch künftige barrierefreie Bauprojekte weiter verbessern zu können, habe ich das Lebensphasenhaus der Universität Tübingen besucht.

In diesem Blogbeitrag möchte ich mit Ihnen meine Eindrücke aus diesem Besuch teilen und Ihnen Anregung für Ihr eigenes barrierefreies Bauprojekt geben.

Was erwartet mich beim Besuch des Lebensphasenhauses?

Bereits der Zugang zum Haus ist schwellenlos gestaltet und mit einem Fingerabdruckscanner ausgestattet. Der Eingang ist gut ausgeleuchtet und kann mit einer Kamera überwacht werden. So kommt nur ins Haus, wer wirklich hinein darf. Im Garten steht ein unterfahrbares Hochbeet und ein Mähroboter mäht den Rasen.

Positiv fällt mir der Kiesweg auf, in dem man aufgrund einer in den Kies integrierten Wabenstruktur nicht „versinkt“ und der problemlos mit einem Rollstuhl oder Rollator, aber auch einem Laufrad befahren werden kann.

Maehroboter beim Rasen maehen

Im Schlafzimmer gefallen mir die bei Bedarf in der Dunkelheit grün leuchtenden Lichtleisten auf dem Boden und dem Türrahmen. Sie geben Orientierung und sorgen dafür, dass man nachts die Tür schnell findet. Aufgrund der grünen Lichtfarbe wird man aber nicht hellwach.

Auch das Tablet zur zentralen Steuerung des Hauses ist für junge wie ältere Bewohner praktisch. Die Frage ist aber, wie lange die hierfür verbaute Haustechnik des Smart Home aktuell bleibt und wann größere Änderungen/Updates fällig sind.

Barrierefreiheit schließt Wohnlichkeit in Wohnzimmer und Küche nicht aus

Das Wohnzimmer ist modern und ansprechend gestaltet und bietet viel Bewegungsfreiheit. In der Küche sind Herd und Spüle höhenverstellbar. Der Herd kann mit einer App gesteuert werden – praktisch für jeden, der sich schon einmal unterwegs gefragt hat, ob der Herd wirklich aus ist. Die Unterschränke dieser Küche sind alle unterfahrbar, die Oberschränke können auch aus dem Sitzen geöffnet werden.

Eine barrierefreie Küche wird zumeist dann eingebaut, wenn ein Bewohner im Rollstuhl sitzt. Doch ein höhenverstellbarer Herd ist sicher auch für Paare mit unterschiedlicher Körpergröße nützlich.

Wellness trifft auf Pflege

Das barrierefreie Bad im Lebensphasenhaus ist ein Kompromiss aus Pflege und Wohnlichkeit. Es gibt einen Überblick, was im Sanitärbereich möglich ist. So hat die Toilette eine Bidet-Funktion und ist höhenverstellbar. Erst die Fernbedienung für die Pflegekraft und Haltegriffe an der Seite verraten, dass es sich hier nicht nur um eine gehobene Sanitärausstattung handelt.

Die Badewanne mit Tür und Sitz ist für medizinische Bäder notwendig. Der Ein- und Ausstieg ist allerdings langwierig, da man während des Ein- und Auslaufens des Wassers in der Badewanne sitzen muss. Die bodengleiche Dusche mit Türen, die über Eck öffnen, ist für Bauherren jeder Altersgruppe empfehlenswert. Das unterfahrbare Waschbecken mit Haltegriffen ist vorteilhaft, sollte man sich einmal unwohl fühlen.

Speziell für Menschen die im Rollstuhl sitzen oder einen Rollator nutzen ist der verstellbare Spiegel im Alltag praktisch. Die Reling an der Decke erleichtert die häusliche Pflege, da daran ein Patientenlift angebracht werden kann. Sie wird aber erst bei einem konkreten Pflegebedarf benötigt.

Grundriss eines barrierefreien Bades mit einer Person im Rollstuhl

Eine Treppe in einem barrierefreien Haus?

Die Treppe in den ersten Stock ist breit genug, dass ein Plattformlift installiert werden kann. Hier ist es meiner Erfahrung nach vorteilhaft, wenn man bereits beim Bau des Hauses auf die Treppenbreite achtet und auch den notwendigen Elektroanschluss legt, um bei Bedarf einen Lift nachrüsten zu können.

Wichtig finde ich auch das durchgängige Geländer auf beiden Seiten der Treppe. Ein Treppengeländer empfehle ich allen Bauherren, da dadurch die Verletzungsgefahr z. B. für Kinder deutlich verringert wird.

Fazit meines Besuchs im Lebensphasenhaus

Mittlerweile hat sich zum Glück die Auffassung durchgesetzt, dass nicht nur ältere Menschen vom Wohnen in einem barrierefreien Haus profitieren. Auch für jüngere Menschen und Kinder stellt ein schwellenloser Hauszugang, ein großzügiges Bad mit rutschsicheren Fliesen oder ein Garten, der so gestaltet ist, dass er wenig Arbeit macht, ein Gewinn dar.

Gerade diese einfachen Maßnahmen lassen sich meiner Erfahrung nach in einem Neubau gut einplanen und dem eigenen Geschmack entsprechend umsetzen.

 

Gute Beratung hilft Ihnen herauszufinden, was Sie wirklich benötigen.

 

Ein variabler Entwurf erlaubt es den Bewohnern dann, bei Bedarf flexibel umzubauen und weitere Hilfen nachzurüsten. Meine Empfehlung ist eine gute und fachkundige Beratung. Dann können Sie Ihr Haus so planen und bauen, dass Sie so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden führen können.

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Hier bloggt Dipl.-Ing. Karl Eisenbraun, Architekt aus Leidenschaft und Inhaber des Architekturbüros Eisenbraun in Ostfildern.

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